Der Neujahrsseehund von der Kurpromenade

von Peter Kuhlemann

 

Mehr als tausend Menschen klatschten Beifall auf der Westerländer Kurpromenade, als ich am sonnenüberflutenden Neujahrstage den todkranken Seehund rettete, die Brandung hatte mich durchgenässt.  – Beifall wie einst in Hunderten von Vorträgen. – Das Ereignis muss jedoch von Anfang an geschildert werden, es war sozusagen ein Krimi, der auf dem Hofe vom Paul Raffelhüschen begann. Dort zogen wir damals mutterlose „Heuler“ auf und drehten einige „Spots“ mit anderen tierischen Sorgenkindern als Drumherum. Der Produzent weinte einer vergessenen Einstellung nach: Seehundbaby  an der Flasche.

 

Er bot 1000 DM für die Beschaffung. Der ganze Film war ein Aufruf gegen die Seehundschießerei kommerzieller Art. Die „Schießer“ drohten mich umzulegen. Ein „Touri“ kommt aufgeregt auf den Hof, am Strand wäre ein kranker Seehund, den Hunderte von Fotoknipsern trieben den Unterkühlten immer wieder ins Wasser zurück. Da müssen wir wohl helfen.

Von der Promenade sieht man, dass der „Heuler“ belagert wird. Den Fotografen verspreche ich, im Falle einer möglichen Absperrung, das Tier zu fangen und Nahaufnahmen zu ermöglichen. Das klappt, trotz meiner totalen Verwirrung, denn es ist kein Kegelrobbenkind, die ja im Winter weißfellig geboren werden. Einige hundert Meter oberhalb geht man an den  Flutsaum und robbt auf den „Rätselhund“ zu, schnell ist man „pudelnass“. Der so Angerobbte bleibt liegen, die Massen der Strandbesucher bleiben vernünftig. –

Der Gestrandete hält aus, ich komme in Tuchfühlung; völlig außer Atem wage ich das Zupacken noch nicht, die Masse Mensch, da oben denkt vielleicht ich hätte Angst.

Der entscheidende Griff hinter den Kopf klappt. Man erntet Beifall, belohnt Hunderte von Fotografen und stellt dabei fast dass es sich um eine Zwergform des echten Seehundes handelt, klitzeklein im Heulerformat. Das läst sich zum Nachdreh als „Heuler an der Falsche“ verwenden und ich werde 1000,- DM für den Robbenschutz loseisen.

In „Paules“ Gartens löste sich das zoologische Rätsel des Mini-Seehundes: sein Unterkiefer war – vielleicht durch Schiffsschrauben - zerschlagen. Er konnte sich nicht normal ernähren, hatte kein Fett, unterkühlte und flüchtete darum auf den Strand. Der Produzent „türkte“ mit ihm nun den „Seehundheuler an der Flasche“. Der Tierarzt schläferte dann dieses unglückliche Lebewesen ein.

Bleibt noch erwähnenswert, dass der Filmproduzent mit dem großmäuligen Versprechen nicht ein Pfennig für den Naturschutz übrig hatte.  

Hilfe für junge Kegelrobben
Von siebzehn Kegelrobbenbabies in diesem Winter auf dem Amrumer Sand sind wohl sechs den Stürmen mit Hochwasser zum Opfer gefallen. Junge, im Winter geworfene Kegelrobben kommen mit „Lanugo“ im Weißfell (wie auch Grönlandrobben) zur Welt. Die Verluste durch Wasser-Durchtränkung des „Weißfells“ sind bei Stürmen bei uns (Amrum –Sand) wie auch an der englischen Ostküste recht hoch. Naturschützer und „Schutzstationen“ wollen, können aber kaum helfen. Wer in der Praxis mit Kegelrobben zu tun hat, weiß aber, dass den Neugeborenen ein Hilfsmittel angeboren ist, nämlich, sich wo möglich nach oben, also vom Seegang weg, zu retten, oder sich an Tangpflanzen und dergleichen festzubeißen.  – Als „Rettungsinseln“ könnte man an „Tampen“ (Stricken) hochschwimmbare Flöße (notfalls Paletten) an den Wurfplätzen fest verankern, und damit sturmgefährdeten, empfindlichen „Weißfellchen“ entscheidend helfen.                               ku

Kegelrobben