Eine "jazzige" Sternstunde im Tee-Kontor
Keitum
"Standing Ovations" für Wolfgang Schlüter - einer Legende des deutschen Jazz von Klaus Papenhausen |
Schnell, genau und gefühlvoll fegte Wolfgang Schlüter über seine 35 Klappen - und begeisterte sein Publikum im Tee-Kontor |
Als der nette ältere Herr mit dem grauen Bart zum Pausen-Tee
gebeten hatte, war man sich im Publikum bereits einig. Einig darüber,
Zeuge einer Sternstunde in
Sachen Jazz zu sein. Und geheimnisvoll, aber unüberhörbar waberte das
Prädikat "Weltklasse" über die swing-getränkten Auen
des grünen Herzens der Insel... |
Doch was die lebende Legende dann in
150 unvergesslichen Minuten zu Gehör brachte, sprengte die
Vorstellungskraft auch des letzten Zweiflers. Er ist mittlerweile stolze
76 Jahre alt, der Vollblut-Musiker, der gern auch als die europäische
Antwort auf Lionel Hampton bezeichnet wird. Aber mit Wolfgang Schlüter
ist es wohl wie mit guten Weinen - je länger sie reifen können, desto
besser munden sie. Keine Spur von Alters-Müdigkeit, im Gegenteil: Im
irren Tempo flitzen seine vier Schlegel über die 35 Klappen seines
Instrumentes und entlocken Töne, die Gefühlsschauer wie wippende Füße gleichermaßen zur Folge haben. Bei seinem Streifzug durch Swing, Bebop, Hard-Bop und die Balladen-Landschaft gelingt es dem kongenialen Musik-Dozenten in jeder Sekunde, sein Publikum in den Bann zu ziehen. |
Auch Lokal-Matador Jo Bohnsack (l.) hatte es sich nicht nehmen lassen, dem Urgestein des deutschen Jazz Wolfgang Schlüter seine Aufwartung zu machen |
Der Erfolg dieses Abends
gebührt in erster Linie natürlich ihm, der sich als Mitglied des
kultigen Michael Naura-Quintetts erste musikalische Sporen verdiente und
anschließend als Mitbegründer der NDR-Bigband und in den Orchestern von
Kurt Edelhagen, Paul Kuhn oder Peter Herbolzheimer unverzichtbar wurde. Doch seine Side-Men zu vergessen, wäre unverzeihlich. Mit dem gebürtigen Russen Boris Netsvetaev am Piano, Philipp Stehen am Bass und Drummer Kai Bussenios hat er eine Schar junger Leute um sich gruppiert, die seine Enkel sein könnten. |
Und so behandelt er sie auch:
Wohlwollend erlaubt er jedem, sein - unüberhörbares - Können in Soli zu
demonstrieren, geneigt und ein wenig gerührt, so scheint`s, freut er sich über die Virtuosität jedes einzelnen. Auch sie gehören mittlerweile zum Establishment der europäischen Jazz-Elite und sind gern gesehene Gäste bei Auftritten von Keith Copeland, Herb Geller oder Kenny Wheeler. Den ganz Großen eben... Mit "Standing Ovations"
bedankten sich die begeisterten Zuhörer im Tee-Kontor, |