Brasilien 2014: Die spektakulärste WM aller Zeiten ist Geschichte
DIE NUMMER 1 DER WELT SIND WIR! ENDLICH! 24 lange Jahre hat es gedauert, umso größer ist jetzt die Freude: Deutschland ist wieder WELTMEISTER!!!! Zurückgekehrt auf den Fußball-Olymp. Die beste Mannschaft der Welt, als erstes europäisches Team siegreich auf südamerikanischem Boden. von Klaus Papenhausen, Freier Journalist |
![]() WM-Rekord Torschütze Miroslav Klose mit nun 16 Treffern hält verdient den Pokal hoch (Foto: Fifa) |
Die WM 2014 in Brasilien wird
unvergesslich bleiben, wegen eines spektakulären Finales, wegen der
vielen Rekorde, wegen begeisternder Spiele, toller Tore, wegen der
vielen Randerscheinungen, die diese WM auszeichneten.
Vor allem aber wegen einer deutschen Mannschaft, die wieder einmal Höhen und Tiefen durchmachen musste, bevor ein millionenfacher Jubel in schwarz-rot-gold einsetzen konnte. |
"Wir alle sind Weltmeister" - ganz Sylt und Gäste feiert in schwarz-rot-gold |
Belohnung für das „Wunder von Belo Horizonte“, das unvergessliche 7:1 gegen die gastgebende Selecao aus Brasilien. Belohnung für den smarten Trainer Jogi Löw, der es allen Kritikern gezeigt hat, die an seinen Fähigkeiten zweifelten. Belohnung für einen unglaublichen Auftritt aller 23 deutschen Spieler, die auf und neben dem Platz eine unbezwingbare Gemeinsamkeit darstellten. ZURÜCK AUF DEM OLYMP! Und es hatte einer wahrlich göttlichen Eingebung bedurft, bevor der schwer erkämpfte finale Triumph gegen bärenstarke Argentinier unter Dach und Fach war. Der Reihe nach. |
DAS FINALE
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![]() Eine Torte für das Finale |
Alte Bekannte trafen sich. Deutschland – Argentinien, das war die
Neuauflage des Finales von 1990. Doch was für ein Unterschied: Zwei
Jahre nach der Wiedervereinigung hatte die deutsche Elf das Spiel
komplett im Griff, es war nur eine Frage der Zeit, bevor das
Siegbringende Tor fallen musste. 2014 reichte auch ein einziger Treffer,
aber der fiel nach einer Nervenzerfetzenden Partie zweier gleichwertiger
Teams, auch kurz vor Schluss.
Diesmal vor Schluss der Verlängerung: Eine Energie-Leistung des eingewechselten Schürrle, der sich auf dem linken Flügel durchsetzte, und eine wahrhaft göttliche Aktion des anderen Einwechselspielers Götze. |
![]() Kurz vor Mario Götzes Tor: "Wann kann ich endlich tröten, Mama?" |
Eine traumhafte Annahme der Flanke
mit der Brust, dann der direkte Abschluss mit links, 1:0.
TOOOOOOOOOOOOOOOOR!!!!!!!!!
Der Titel, die Krönung einer begeisternden WM des deutschen Teams, die mit dem 4:0 gegen Mitfavorit Portugal so toll begonnen hatte, mit den sieben Toren gegen die Selecao einen unvergesslichen Höhepunkt bescherte und mit dem grandiosen Final-Erfolg gegen die Gauchos aus Argentinien ein würdiges und fast zwangsläufiges Ende fand. Am Ende hatte die Löw-Elf (DFB-Präsident Wolfgang Niersbach sprach später zu Recht von einer „23“, denn auch die Auswechselspieler und Nicht-Eingesetzten hatten allesamt ihr Scherflein beigetragen) gesiegt und vollkommen zu Recht den Pokal geholt. WELTMEISTER! |
DAS TURNIER |
![]() Auf dem Weg in die Kinowelt zum Halbfinale Brasilien gegen Deutschland, dort wurden auf Großbildleinwand alle Spiele übertragen. Superstimmung war garantiert |
Es war ein begeisterndes Turnier. Eines, das unvergessen bleiben wird.
Attraktive Spiele wie der Schlagabtausch zwischen Geheimfavorit Belgien
und den erstarkten Amerikanern unter Löw-Vorgänger Jürgen Klinsmann,
das fulminante 5:1 der Holländer gegen Weltmeister Spanien mit der
Robben-Gala, die tollen Auftritte des Fußball-Zwerges Costa Rica –
die Reihe könnte beliebig fortgesetzt werden.
Langeweile mutierte zu einem Fremdwort bei diesem Gipfeltreffen der besten Mannschaften der Welt. Eine Super-WM mit einem Höhepunkt, der Geschichte geschrieben hat. Das 7:1 der deutschen Mannschaft gegen Brasilien war eine Sternstunde des Fußballs, die alles andere überstrahlte. Nie zuvor gab es ein höheres Ergebnisse in einem Halbfinale, nie zuvor führte eine Mannschaft nach einer knappen halben Stunde mit 5:0, nie zuvor sah man in einem Stadion so viele entsetzte Gesichter wie die der Brasilianer. Unfassbar. Und gleichzeitig eine Demonstration von Stärke, die die deutsche Mannschaft endgültig zum Turnier-Favoriten machen sollte. Mit einer spielerischen Leichtigkeit ohnegleichen wurden die Treffer herausgespielt, einer schöner als der andere. Keine Zufallsprodukte, die Brasilianer wurden schwindlig gespielt von Jogis Jungs, die es zeitweise selbst nicht glauben konnten, was während dieser denkwürdigen 90 Minuten geschah. Das Wunder von Belo Horizonte. |
DIE DEUTSCHE MANNSCHAFT |
![]() Mama und Tochter in Fußballlaune Fotos: VivaSylt Image World |
Furios begann es beim 4:0 gegen die Mannschaft des Weltfußballers
Christiano Ronaldo. Dann das Zitterspiel gegen starke Ghanesen. 1:2 nach
1:0-Führung, Entsetzen machte sich breit bei den deutschen Fans. Jogi
reagiert, bringt Urgestein Miroslav Klose, der sorgt kurz nach seiner
Einwechslung für den Ausgleich. Und schießt sich in die Geschichtsbücher
des internationalen Fußballs: Das 16. WM-Tor, Ronaldo hinter sich
gelassen, alleiniger Rekord-Torschütze. Vermutlich ein Rekord für die
Ewigkeit, nur ein Landsmann kann ihn in Zukunft gefährden: Thomas Müller,
der intelligente und stets für einen Joke zu habende „falsche
Neuner“, schraubte sein Trefferkonto bei zwei Weltmeisterschaften auf
zehn Buden. Er hat noch zwei oder drei WM-Turniere vor sich …
Der Torwart. Ein TITAN. Oliver Kahn kann diese Auszeichnung nicht länger für sich allein beanspruchen, denn was sein Nachfolger bei den Bayern in Brasilien ablieferte, war phänomenal. Als Torwart, als mitspielender „Libero“ gegen die Wüstenfüchse aus Algerien – völlig zu Recht wurde Manuel Neuer zum Torwart des Turniers gewählt, und das gegen wirklich starke Konkurrenz aus Mexico und anderen Ländern.
Jerome Boateng. Machte im Finale das Spiel seines Lebens, bügelte
Fehler seiner Mitspieler aus, wurde zum Abwehr-Strategen erster Güte.
Stärkster Spieler des Finales.
Toni Kroos. Der geniale Ideengeber, an vielen Toren beteiligt, als
Scorer oder Vorbereiter. Real Madrid freut sich schon auf den Neuzugang.
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![]() Die Sylt-Fans und solche, die es werden wollen: Moni, Mira und Jenny, li. (träumt vom WM Titel) senden schwarz-rot-goldene Grüße zur WM auf die Insel |
Basti Schweinsteiger. Ein Cut, der während des Finales getackert werden
musste, hinderte ihn nicht am Weiterspielen, ebenso wenig Krämpfe und
unzählige Fouls. Hat es je einen wertvolleren Leitwolf gegeben? An
ihm durfte sich die gesamte Mannschaft aufrichten, wie einst die
Herberger-Elf 1954 am unvergessenen Fritz Walter.
„Super-Mario“ Götze. War schon abgeschrieben nach nicht überzeugenden Auftritten in den Vorrunden. Im Finale dann der Geniestreich zum entscheidenden Treffer, der ihn unsterblich machen wird. Brehmes 11-Meter-Tor zum WM-Sieg 1990 in Italien, Gerd Müllers 2:1 gegen Holland bei der Heim-WM 1974 und nun Götze 2014. Göttlicher, geiler Götze!! Er wird Fußball-Deutschland noch viel Freude machen. „Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi“ hatte der Trainer bei seiner Einwechslung zum Jahrhundert-Talent gesagt. Der bedankte sich für Vertrauen und Wertschätzung – mit einem Super-Tor, das in Deutschland für einen Freudentaumel sorgen sollte.
Höwedes, der seine Abwehraufgaben nach anfänglicher Kritik prima
erledigte, Kapitän Philip Lahm, als weltbester Rechtsverteidiger zuverlässig
wie eh und je, Thomas Müller, der Instinkt-Fußballer, den Torgefährlichkeit
und Sprachwitz auszeichnen, der immens wichtige Abwehr-Chef Mats Hummels
– alles Mitglieder einer Mannschaft, die bereits als die stärkste
deutsche Elf aller Zeiten gehandelt wird.
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DIE VÄTER DES ERFOLGES |
![]() Endlich Weltmeister - der bekennende Sylt-Fan "Jogi" freut sich auf der Fanmeile in Berlin (Foto: Fifa) |
Zwei von vielen sind hervorzuheben. Da ist natürlich der Trainer,
Joachim „Jogi“ Löw, der nach schmerzhaften Niederlagen bei der
Heim-WM 2006 gegen Italien und 2010 gegen Spanien immer wieder in die
Kritik geraten war. In Brasilien lieferte der bekennende Sylt-Fan sein
Meisterstück ab. Erfolgreiche Einwechslungen wie die von Götze und Schürrle
im Finale, vorher die von Klose gegen Ghana, führten zu der famosen
Bilanz unserer Kicker.
Und dann gebührt Gerhard Mayer-Vorfelder ein großer Dank. Gerhard wer? Die Jüngeren werden sich kaum erinnern können an den ehemaligen DFB-Präsidenten. |
![]() Mit Regenschirmen bewaffnet wurde auf Sylt dem Wetter getrotzt, das musste man miterleben |
Der war seinerzeit wegen einer
Leidenschaft für hochgeistige Getränke zur Zielscheibe des
Presse-Spotts geworden. Und doch hat er einen riesengroßen Verdienst an
der positiven Entwicklung des deutschen Fußballs. Er beendete die
Rumpel-Fußballer-Ära, indem er überall in Deutschland die intensive
Nachwuchs-Förderung einleitete. Heute bekommt man als Profi-Verein
keine Lizenz, wenn nicht entsprechende Modelle nachgewiesen werden können.
Ein Verdienst von „Whiskey-Felder“! Nicht vergessen werden darf auch
der „Neu-Ami“ Jürgen Klinsmann. Seine neue Philosophie, erkennbar
seit 2004, sorgte für den Aufschwung, fortgesetzt dann von Kumpel Jogi
Löw.
REKORDE, REKORDE, REKORDE
Unser Miroslav Klose wird mit nun 16 Treffern zum alleinigen
Rekord-Torschützen bei Weltmeisterschaften und löst Ronaldo ab. Acht
Treffer bei einem Halbfinal-Spiel wie beim 7:1-Wunder gegen die Selecao,
das gab es noch nie. Dass der amtierende Weltmeister nach nur zwei
Spielen bereits ausgeschieden ist – das gab es noch nie. Alle
Gruppenersten setzen sich im Achtelfinale durch – Rekord. 32
Mio. an den Fernsehgeräten beim Halbfinale, 35 Mio. beim Finale –
Rekord, Rekord. Über 400 000 Fans empfangen die WM-Helden am
Brandenburger Tor in Berlin und feiern eine Mega-Party – Rekord. Neun
Spiele und vier Monate Sperre für den Beißer aus Uruguay Luis Suarez
– Rekord. Rekorde über Rekorde, diese WM sprengte alle Grenzen.
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DIE DINGE AM RANDE |
![]() Auch bei Gosch in der Friedrichstraße wurde kräftig schwarz-rot-gold gefeiert |
Diese WM wird auch unvergesslich bleiben wegen der „Dinge am Rande“.
Die Beißattacke vom uruguayischen Sturm-Vampir Luis Suarez, das
Brutalo-Foul an Brasiliens Idol und Hoffnungsträger Neymar. Die
Verzweiflung des brasilianischen Edel-Fans Clovis Acosta Fernandes, der
seit 1990 über 150 Selecao-Spiele in 66 Ländern gesehen hat und beim
1:7-Debakel im Halbfinale den schwärzesten Tag seines Lebens
durchmachen musste. Der Schnauzbärtige war nicht zu trösten, er
klammerte sich verzweifelt an „seinen“ Pokal, seine Enkelin an der
Hand, sie konnte ihn nicht trösten, die Tränen nicht trocknen – eine
Szene, die die ganze Welt rührte.
DER emotionale Moment dieser WM, viele heulten hemmungslos mit „Gaucho na Copa“. Schweinsteigers Referenz an päpstliches Boden-Küssen bei der Rückkehr in sein Bayern-Land. Der Gänsehaus-Moment, als die Gastgeber nach dem Finale die Sieger ehrten mit deutschen Songs von Helene Fischer und den Toten Hosen. „An Tagen wie diesen“ – davon gab es bei dieser WM unzählige, die unvergessen bleiben werden.
Die Heldentaten der deutschen Kicker-Elite sollen nun auch
kommunal-politisch gewürdigt werden. Das Land Baden-Würthemberg
plant eine „Jogi Löw Straße“ in dessen Geburtsort Schönau im
Schwarzwald, dem jetzigen Co-Trainer und zukünftigen DFB-Sportdirektor
Hansi Flick wird ebenfalls in seinem Geburtsort Bammenthal eine Straße
gewidmet, und das Stadion in Oeffingen wird zukünftig „Sami Khedira
Stadion“ heißen, in Würdigung der Verdienste des
Mittelfeld-Strategen.
Der Lieblings-Song unserer WM-Helden nach dem Finale? „Die Nummer 1,
die Nummer 1, die Nummer 1 der Welt sind wir!“ Der Gospel-Klassiker
„Oh when the saints go marching in“ wurde geadelt, mit fußballerischem
Inhalt versehen, vielleicht auf dem Weg zum Klassiker in deutschen
Stadien …
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DIE PERSPEKTIVEN... |
![]() Das große Zittern, auch mit Tränen beim Finale, hier in der Tränke in der Westerländer Friedrichstraße |
… sind fantastisch. Für Fußball-Deutschland. Die „Generation
Schweinsteiger“ bleibt bis auf Oldie Miro Klose zusammen, alle haben
noch 2, 3, oder vier große Turniere vor sich. Dazu die ständig nachrückenden
Jung-Talente, in Hinterhand die Benders, Marco Reus und viele, viele
weitere erstklassige Fußballer. Es bedarf keiner Propheterie, um eine
goldene Zukunft vorauszusagen. Der „Kaiser“ Franz B. hatte nach dem
Titelgewinn 1990 seinem Nachfolger Berti Vogts eine schwere Hypothek
aufgelastet mit den Worten „Diese Elf wird auf Jahre hinaus kein Spiel
mehr verlieren“. Das würde dem bescheidenen Bundestrainer Joachim Löw
nie einfallen – und doch muss man damit rechnen. Vielleicht kommt eine
Niederlage aber auch schneller, als man denkt. Der nächste Gegner heißt
– Argentinien. Am 3. September kommt es in Freundschaft zur Revanche für
das Finale. Zumindest ein Unentschieden sollte man den Gauchos dann
„genehmigen“, sie hätten es verdient, als tapfere und große
Verlierer eines denkwürdigen Finales.
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DAS FAZIT |
![]() Wir sind alle Weltmeister: Auch mit der falschen Farbe auf dem Kopf entledigte sich der "Weltmeister" Jens seiner Klamotten und sprang megahappy in den Sylter Sommerregen |
Es war die spektakulärste
Weltmeisterschaft aller Zeiten. Das Favoriten-Sterben in der Vorrunde,
als nacheinander die Ex-Titelträger Spanien, Italien und England
ausschieden, der Mitfavorit Portugal ebenso wie fast alle Afrika-Teams.
Milliarden überall in der Welt auf den Fan-Meilen beim Public Viewing.
Das Fernsehen verzeichnete Einschalt-Rekorde, von Sydney über Kapstadt,
Tokio bis New York.
Ich könnte noch stundenlang weiter
schreiben über diese WM. Längst nicht alle bemerkenswerten Ereignisse
konnten verarbeitet werden, die Geschichte dieses Fußball-Spektakels
ist schier unendlich. Obrigado Brasilia, danke für alles, danke vor
allem für „den Moment, der ewig bleibt“, danke an Andreas Burani
und Marc Foster, die mit ihren WM-Songs weltweite Aufmerksamkeit genießen
konnten, danke an Tom Bartels für tolle Leistungen am TV-Mikrofon,
danke an unsere Mannschaft, die sportlich wie menschlich die Welt
begeisterte. DANKE AN ALLE, die vergessen wurden. DANKE, DANKE.
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